Bestand der Wärmenetze in Baden-Württemberg

Es ist keine Datenquelle bekannt in der die Wärmenetze Deutschlands oder Baden-Württembergs vollständig zentral erfasst sind. Die Anzahl der Wärmenetze, deren Lage und Anschlusswerte sind somit nicht verlässlich zu beziffern.

Im Rahmen des durch das Land Baden-Württemberg geförderten Forschungsvorhabens SolnetBW wurde die Studie "Solare Wärmenetze für Baden-Württemberg Grundlagen | Potenziale | Strategien" erarbeitet. SolnetBW beziffert den Fernwärmebestand des Landes auf 587 Gemeinden mit Wärmenetzen (Wärmenetz: hier Nah- und Fernwärme). Dies bedeutet, dass mehr als die Hälfte der 1.101 Gemeinden in Baden-Württemberg ein Wärmenetz aufweisen. Da eine dichte Bebauung und eine hohe Einwohnerzahl oft auch mit einer hohen Wärmebedarfsdichte verbunden sind, steigt in großen Städten und Gemeinden die Wirtschaftlichkeit für Wärmenetze. Alle 22 Gemeinden ab 50.000 Einwohnern besitzen ein Wärmenetz. Von 78 Gemeinden mit 20.000 bis 50.000 Einwohnern weisen 74 Gemeinden ein Wärmenetz auf. Tendenziell gilt, je geringer die Einwohnerdichte der Gemeinde, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass kein Wärmenetz vorhanden ist.

Im Jahr 2011 wurde erstmals in Deutschland eine registergestützte Volkszählung (Zensus) durchgeführt, in der auch Daten zum Gebäude- und Wohnungsbestand erhoben wurden. Es wurden Informationen zum Wohnungsbestand, zu dem vorhandenen Wohnraum, zur Wohnraumnutzung, zum Gebäudealter und zur Beheizungsart der Gebäude abgefragt. Für jedes Gebäude in Baden-Württemberg liegen auf Basis des Zensus 2011 Angaben zur Heizungsart vor. Aus Datenschutzgründen sind diese Daten jedoch nicht frei zugänglich.

Eine weitere Datenquelle ist der AGFW, der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e. V., der nach eigener Aussage als unabhängiger Energieeffizienzverband die Fernwärme-, Fernkälteversorgung, die Speicherung, die Entwicklung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) sowie die Wärmebereitstellung aus erneuerbaren Energien fördert. Gemeinsam mit seinen Mitgliedern engagiert sich der Verband für den sicheren, umweltschonenden und wirtschaftlichen Einsatz von Fernwärme und Fernkälte.

Der AGFW erstellt Berichte über den Anlagen- und Netzbestand seiner Mitglieder. Im öffentlichen AGFW-Hauptbericht 2020 wird von 142 registrierten Wärmenetzen in Baden-Württemberg berichtet. Davon werden 138 mit Warmwasser und 4 mit Dampf betrieben. Die Warmwassernetze haben eine Trassenlänge von insgesamt 1.922 km, womit die mittlere Trassenlänge eines Netzes etwa 14 km beträgt. Mit den Wärmenetzen werden insgesamt 39.205 Hausübergabestationen versorgt und etwa 35.060 TJ/a Wärme eingespeist, bei etwa 1.130 Nutzungsstunden pro Jahr. Die vier Dampfnetze haben eine Trassenlänge von 90,7 km bei einer eine mittleren Trassenlänge von ca. 22,7 km ergibt. Bei etwa 2.000 Nutzungsstunden pro Jahr werden 1.187 Hausübergabestationen mit rund 3.600 TJ/a versorgt. Zusätzlich sind dem AGFW in Baden-Württemberg zwei Kältenetze bekannt, die in 1.400 h/a etwa 193 TJ Kälte über 75 Übergabestationen abgeben (alle Zahlen gemäß AGFW Hauptbericht 2020).

Der Bau von effizienten Wärme- und Kältenetzen wird teilweise auch durch das Land und den Bund gefördert. Zur Steigerung der Energieeffizienz im Bereich der Strom- und Wärmeerzeugung wird zum Beispiel der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung durch die Bundesregierung über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrollen (BAFA) unterstützt. So sieht das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) auch eine investive Förderung für Wärme- und Kältenetze vor. Laut BAFA wurde in Baden-Württemberg über diesen Weg bis zum Jahr 2016 der Bau oder die Erweiterung von etwa 250 Wärmenetzen gefördert.

Auch das Land fördert gemeinsam mit der EU indirekt durch die Förderung von Bioenergiedörfern den Bau von klimafreundlichen Wärmenetzen. Der Begriff "Bioenergiedorf" ist nicht klar definiert, bedeutet jedoch, dass eine Gemeinde sich bilanziell zu 50 % mit Strom und Wärme selbst versorgen (können) muss. Die Energie muss übewiegend aus Biomasse erzeugt werden. Außerdem sollten weitere erneuerbare Energien eingesetzt werden und die Energieeffizienz sollte möglichst hoch sein. Für die Wärmeversorgung wird in einem Bioenergiedorf also fast immer auch ein Wärmenetz benötigt. Baden-Württemberg ist bezüglich der Bioenergiedörfer Vorreiter in Deutschland. Mehr zu Bioenergiedörfern ist im Themenbereich Praxisbeispiele - Bioenergiedörfer zu finden.

Mit dem Landeskonzept Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) von Juli 2015 will Baden-Württemberg auch den Ausbau effizienter KWK-Anlagen und Wärmenetze im Land vorantreiben. Hierzu wurden bei der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH (KEA) das Kompetenzzentrum Wärmewende und die Wissensportale Kraft-Wärme-Kopplung und Wärmenetze eingerichtet, eine BHKW-Begleitberatung in die Wege geleitet und das Landesförderprogramm für energieeffiziente Wärmenetze gestartet. Mit dem Förderprogramm "Energieeffiziente Wärmenetze" soll mit drei Förderbausteinen der Bau und die Erweiterung von Wärmenetzen, sowie die Erstellung von Wärmeplänen als Grundlage für Wärmenetze gefördert werden. Im Rahmen des Programms wurden außerdem fast flächendeckend im Land zehn Beratungs- und Netzwerkinitiativen zum Ausbau effizienter Wärmenetze gegründet. 

Quellen:

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